1994 trafen meine heutige Frau Franziska und ich das erste mal den tibetischen Mahasiddha Lama Gendün Rinpoche. Ein ehemaliger Klassenkamerad von Franziska hatte uns eingeladen, eine Woche in das Kloster Kündröl Ling, allgemein unter dem Namen "Le Bost" bekannt, zu kommen. Damals half man als Gast auf der Baustelle mit. Ich hatte ein seltsames Gefühl, in ein Kloster zu fahren, aber dann war es eine der besten Erfahrungen, die ich mit Gemeinschaften je machte. Ein Retreatzentrum musste zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig werden und so arbeiteten fast alle Lamas auf der Baustelle mit. Es war eine wunderbare Stimmung, sehr freundschaftlich. Nur eine Sache wollte mir nicht aus dem Kopf gehen: Ich wusste, dass man sich vor dem Meister des Klosters -- eben Lama Gendün -- verbeugte, wenn man ihn traf. Einerseits wollte ich nicht unhöflich sein, aber andererseits widerstrebte es mir absoltu, so etwas zu tun.
Als ich Lama Gendün dann das erste mal sah, montierte ich gerade eine Dachrinne, stand also auf einer Leiter und konnte den Meister nur grüßen. Das Dilemma war gelöst -- und nachdem ich ihn gesehen hatte, hatte ich nicht die geringsten Probleme, mich vor ihm zu verbeugen. Er überzeugte mich voll und ganz -- und dabei machte ernicht einmal iregnd etwas besonderes. Unser neugewonner Freund Tashi Andreas, der uns am Ende der intensiven Woche zu "Rinpoche" führte, konnte kein Tibetisch und so konnten wir mit dem Meister nicht sprechen. Dieser segnete uns und lachte herzlich. Ich fühlte mich vollkommen angenommen und geliebt, und das, obwohl eigentlich klar war, dass er genau wahrnahm, was in einem vor sich ging. Er liebte einen also mit all den Stärken und Schwächen.
Als wir nach der Woche im Kloster zurückfuhren empfand ich mich als Buddhist, und das bin ich bis heute. Und gleichzeitig fühle ich mich nicht als solcher, denn mich überzeugt er so, er ist für mich so natürlicherweise richtig, dass ich ihn einfach nur als den richtigen Weg empfinde. Mir gefällt gut, dass der tibetische Ausdruck für Buddhismus einfach nur "Innerer Weg" bedeutet. Mich zieht nicht die religiöse Komponente an diesem Weg an, sondern all seine Weisheit, die anfangs hilft, uns von mehr von unseren Neurosen zu lösen und langfristig die wahren Ursachen des Leidens zu überwinden.
Drei Jahre nachdem wir ihn kennengelernt hatten, starb Lama Gendün bereits. Erst im Laufe der Jahre verstand ich, dass er uns um Inneren völlig verändert hatte. Später inspirierten mich auch andere Meister--allen voran der 17. Karmapa Thaye Dorje und Beru Khyentse Rinpoche sowie der 16. Karmapa, den ich zwar nie treffen durfte, der jedoch in den ganzen Schilderungen, die mir die Menschen im Rahmen meiner Recherchen für das Buch "Strahlendes Mitgefühl" gaben, manchmal fast greifbar lebendig wurde.
Nach dem Tod von Lama Gendün machten meine Frau und ich in seinen Retreatzentren ein traditionelles Dreijahresretreat, für das der 17. Karmapa Thaye Dordje die wichtigsten Übertragungen gab. Inzwischen hatten wir auch die große Freude, Gendün Rinpoches Wiedergeburt sehen und sprechen zu können. Und wieder entstand in unserer Wahrnehmung ein Band, das scheinbar ganz natürlicherweise an das vor über zwanzig Jahren erlebte anknüpfte. Ich bin gespannt, wie sich die Sache weiterentwickelt.
Glück (von Gendün Rinpoche)
Glück findet sich nicht mit dem Willen
oder durch große Anstrengung.
Es ist immer schon da, vollkommen und vollendet,
im Entspannen und Loslassen.
Beunruhige dich nicht. Es gibt nichts zu tun.
Was im Geist erscheint hat keinerlei Bedeutung,
weil es keine Wirklichkeit besitzt.
Halte an nichts fest. Bewerte nicht.
Lass das Spiel von selbst ablaufen,
entstehen und vergehen,
ohne irgendetwas zu ändern.
Alles löst sich auf und beginnt wieder von neuem, unaufhörlich.
Allein dein Suchen nach Glück hindert dich, es zu sehen –
wie bei einem Regenbogen,
den man verfolgt, ohne ihn je zu erreichen
– weil das Glück nicht existiert und doch immer schon da war
und dich jeden Moment begleitet
Glaube nicht, gute oder schlechte Erfahrungen seien wirklich.
Sie sind wie Regenbögen.
Im Erlangenwollen des Nichtzufassenden
erschöpfst du dich vergeblich.
Sobald du dieses Verlangen loslässt,
ist Raum da – offen, einladend und wohltuend.
Also nutze ihn.
Alles ist bereits da für dich.
Wozu im undurchdringlichen Dschungel
den Elefanten suchen,
der schon ruhig zu Hause ist?
Nichts tun,
nichts erzwingen,
nichts wollen –
und alles geschieht von selbst.
Als ich Lama Gendün dann das erste mal sah, montierte ich gerade eine Dachrinne, stand also auf einer Leiter und konnte den Meister nur grüßen. Das Dilemma war gelöst -- und nachdem ich ihn gesehen hatte, hatte ich nicht die geringsten Probleme, mich vor ihm zu verbeugen. Er überzeugte mich voll und ganz -- und dabei machte ernicht einmal iregnd etwas besonderes. Unser neugewonner Freund Tashi Andreas, der uns am Ende der intensiven Woche zu "Rinpoche" führte, konnte kein Tibetisch und so konnten wir mit dem Meister nicht sprechen. Dieser segnete uns und lachte herzlich. Ich fühlte mich vollkommen angenommen und geliebt, und das, obwohl eigentlich klar war, dass er genau wahrnahm, was in einem vor sich ging. Er liebte einen also mit all den Stärken und Schwächen.
Als wir nach der Woche im Kloster zurückfuhren empfand ich mich als Buddhist, und das bin ich bis heute. Und gleichzeitig fühle ich mich nicht als solcher, denn mich überzeugt er so, er ist für mich so natürlicherweise richtig, dass ich ihn einfach nur als den richtigen Weg empfinde. Mir gefällt gut, dass der tibetische Ausdruck für Buddhismus einfach nur "Innerer Weg" bedeutet. Mich zieht nicht die religiöse Komponente an diesem Weg an, sondern all seine Weisheit, die anfangs hilft, uns von mehr von unseren Neurosen zu lösen und langfristig die wahren Ursachen des Leidens zu überwinden.
Drei Jahre nachdem wir ihn kennengelernt hatten, starb Lama Gendün bereits. Erst im Laufe der Jahre verstand ich, dass er uns um Inneren völlig verändert hatte. Später inspirierten mich auch andere Meister--allen voran der 17. Karmapa Thaye Dorje und Beru Khyentse Rinpoche sowie der 16. Karmapa, den ich zwar nie treffen durfte, der jedoch in den ganzen Schilderungen, die mir die Menschen im Rahmen meiner Recherchen für das Buch "Strahlendes Mitgefühl" gaben, manchmal fast greifbar lebendig wurde.
Nach dem Tod von Lama Gendün machten meine Frau und ich in seinen Retreatzentren ein traditionelles Dreijahresretreat, für das der 17. Karmapa Thaye Dordje die wichtigsten Übertragungen gab. Inzwischen hatten wir auch die große Freude, Gendün Rinpoches Wiedergeburt sehen und sprechen zu können. Und wieder entstand in unserer Wahrnehmung ein Band, das scheinbar ganz natürlicherweise an das vor über zwanzig Jahren erlebte anknüpfte. Ich bin gespannt, wie sich die Sache weiterentwickelt.
Glück (von Gendün Rinpoche)
Glück findet sich nicht mit dem Willen
oder durch große Anstrengung.
Es ist immer schon da, vollkommen und vollendet,
im Entspannen und Loslassen.
Beunruhige dich nicht. Es gibt nichts zu tun.
Was im Geist erscheint hat keinerlei Bedeutung,
weil es keine Wirklichkeit besitzt.
Halte an nichts fest. Bewerte nicht.
Lass das Spiel von selbst ablaufen,
entstehen und vergehen,
ohne irgendetwas zu ändern.
Alles löst sich auf und beginnt wieder von neuem, unaufhörlich.
Allein dein Suchen nach Glück hindert dich, es zu sehen –
wie bei einem Regenbogen,
den man verfolgt, ohne ihn je zu erreichen
– weil das Glück nicht existiert und doch immer schon da war
und dich jeden Moment begleitet
Glaube nicht, gute oder schlechte Erfahrungen seien wirklich.
Sie sind wie Regenbögen.
Im Erlangenwollen des Nichtzufassenden
erschöpfst du dich vergeblich.
Sobald du dieses Verlangen loslässt,
ist Raum da – offen, einladend und wohltuend.
Also nutze ihn.
Alles ist bereits da für dich.
Wozu im undurchdringlichen Dschungel
den Elefanten suchen,
der schon ruhig zu Hause ist?
Nichts tun,
nichts erzwingen,
nichts wollen –
und alles geschieht von selbst.